Leben in den USA

Alltag in den USA

April 14, 2018
Tanja Liebing-Zivanovic

Charity-Arbeit in den USA – Ein Erfahrungsbericht

Für einen guten Zweck spenden Amerikaner gerne ihr Geld und ihre Zeit. In den USA ist es üblich, an Charity-Veranstaltungen teilzunehmen. So sammeln Organisationen wie Krankenhäuser, Forschungszentren, Obdachlosenverbände oder auch Schulen zusätzliche finanzielle Mittel und Spenden. Unsere Autorin Tanja Liebing hat einen sehr persönlichen Erfahrungsbericht geschrieben, den sie auf HEIMAT abroad mit dir teilen möchte.


Spinning für Krebspatienten

Einer der bekanntesten Spinning-Events in Amerika nennt sich „Cycle for Survival“, frei übersetzt „Radfahren fürs Überleben“. Ein Bekannter, der im renommierten Krebszentrum Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York, dem Gründungsinstitut der Veranstaltung arbeitet, hat mich dort angemeldet. Es ist meine erste Teilnahme an einer Sport-Charity. Noch weiß ich nicht genau, was mich erwartet. Zuerst muss ich nach Sponsoren suchen, die mir für meine Teilnahme Geld stiften. Ich schaffe es immerhin auf 300 Dollar. Das gesammelte Geld wird am Ende des Events in die Erforschung seltener Krebsarten investiert.

An einem kalten Samstagnachmittag im März bin ich schließlich unterwegs zur Veranstaltung in einem Fitnessstudio in der Nähe des Bryant Parks, im Zentrum New Yorks. Als ich ankomme, werde ich von freundlichen Helfern eingewiesen, bekomme ein T-Shirt in schwarz und orange, eine orangefarbene Sonnenbrille und orangefarbene Pompons. Orange ist die Markenfarbe der Veranstaltung. An einer Wand zeigt eine digitale Tafel eine stetig steigende Zahl an: die bereits gesammelte Spendensumme. Eine Helferin gibt mir einen Plan, auf dem hunderte Spinning-Räder eingezeichnet sind, kreist meine Radnummer und mein Zeitfenster ein, 16.00 bis 17.00 Uhr.

Ich ziehe mein Teamshirt an und begebe mich in einen riesigen Raum mit Spinning-Rädern. Gerade ist Pause, überall stehen Teilnehmer, die bereits geradelt sind, schwitzend und sich unterhaltend wirken sie gelöst. Neue Teilnehmer treffen ein, suchen ihre Räder, bekommen Wasser und Handtücher gereicht. Wenige Minuten später wird der Raum verdunkelt. Die Organisatoren begrüßen die Teilnehmer und loben ihr Engagement. Die Stimmung ist gut, alle sind zum Radeln bereit.

Doch zunächst übernimmt ein junger Mann das Mikrofon. Er erzählt die traurige, sehr persönliche Geschichte seines Vaters, der vor weniger als einem Jahr an einem seltenen Hirntumor erkrankte, schnell die Fähigkeit zu sprechen und zu laufen verlor. Wie er kämpfte, sich radikalen Behandlungen unterzog, aber seine Erkrankung letztlich nicht aufgehalten werden konnte. Er starb wenige Wochen vor dem Event. Das Ziel des Sohnes ist es jetzt, mehr Geld für die Forschung zu sammeln, um anderen Erkrankten wie seinem Vater in Zukunft besser helfen zu können. Deshalb nimmt er an der Veranstaltung teil, seine Schwester ist auch dabei. Er bedankt sich für die Unterstützung der Teilnehmer, alle klatschen ihm und seinem Mut Beifall. Dann setzen wir uns auf unsere Spinning-Fahrräder, laute Musik setzt ein, der erste Song ist „Thunder“ von ACDC und los geht‘s.

Alle treten in die Pedale. Ein professioneller Fitnesstrainer heizt den Teilnehmern ein. Eine Stunde lang wird geradelt, geschwitzt, gejubelt. Die Stimmung ist energiegeladen, alle geben, was sie können. Fitte und unfitte Menschen, Alte und Junge, sogar ein paar Kinder treten in die Pedale. Es sind Erkrankte mit dabei, Angehörige, Ärzte, Schwestern und Freunde. Vereint vom Sinn der Veranstaltung, Geld für die Forschung zu sammeln, und dem Wunsch, Patienten in Zukunft besser zu behandeln und zu heilen. Gegründet von einer Krebspatientin im Jahr 2007 haben bislang über 35.000 Leute teilgenommen. Bis heute hat „Cycle for Survival“ über 175 Millionen Dollar in den USA gesammelt. Eine wirklich gute Erfahrung, dabei zu sein!


Über die Autorin:
Tanja Liebing-Zivanovic ist im Saarland aufgewachsen. Nach dem Magisterstudium in Mainz und Louisville hat sie vor dem Umzug nach Amerika zuletzt in Bonn gelebt. Sie ist studierte Film- und Medienwissenschaftlerin und hat als Redakteurin für Fernsehen und Print in Deutschland und New York gearbeitet. Sie lebt seit Januar 2013 mit ihrem Mann und zwei Kindern an New York’s Upper East Side und arbeitet hier als freiberufliche Journalistin.

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