Gesundheit

Gesundheitliche Vorsorge

May 26, 2018
Dr. Dominika Wittek

Impfungen bei Kindern – Was solltest du in den USA erwarten?

Impfungen bei Kindern – Was solltest du in den USA erwarten?


Generell werden Säuglinge und Kinder in den USA genauso wie in Deutschland gegen viele gefährliche Krankheiten geimpft. Einige Unterschiede sind jedoch relevant.

Impfungen bereiten das Immunsystem darauf vor, Antikörper bereitzustellen, sodass im Fall einer Infektion große Mengen davon ausgeschüttet werden können, um einen Krankheitsausbruch zu vermeiden.

Die Entdeckung der Immunität und die Entwicklung der Impfungen ist einer der größten Durchbrüche der modernen Medizin, der wie kaum eine andere Maßnahme zum Überleben und zur Gesundheit der Bevölkerung beiträgt. Denn Epidemien haben die Menschheit geplagt und oft Massensterben verursacht.

Bereits 200 v.Chr. haben Menschen versucht den Ausbruch einer Krankheit durch vorherigen Kontakt mit infektiösem Material oder Körperflüssigkeiten von infizierten Personen mit mildem Krankheitsverlauf zu vermeiden. Das hatte oft verheerende Nebenwirkungen.

Der englische Landarzt Edward Jenner hat erkannt, dass Menschen, die zunächst Kontakt mit Kuhpocken hatten, vor einer Erkrankung mit Menschenpocken geschützt waren. 1796 hat er die erste aktive Immunisierung durchgeführt (daher der Begriff Vakzination und im Englischen „vaccination“ von lat. „vacca“ – Kuh). 1810 gab es in Europa eine Impfpflicht gegen Menschenpocken.

Die Forschung wurde rasch vorangetrieben und neue Impfstoffe wurden entwickelt. Heute gibt es sehr sichere und extrem effektive Impfungen gegen viele gefährliche Krankheiten. Die meisten Krankheiten, gegen die es Standardimpfungen gibt, sind dadurch sehr selten geworden und die Säuglingssterblichkeit ist drastisch gefallen.

Der in letzter Zeit wieder verstärkt aufkommende Skeptizismus bezüglich der Notwendigkeit und Sicherheit der Impfungen führt aber leider zu großen Rückschritten. Ein gutes Beispiel hierfür sind Masern: In Deutschland sind lediglich 59 Prozent der Kinder des Jahrgangs 2004 gegen Masern geimpft. Im Jahr 2017 gab es in Deutschland 919 Masernfälle. In den USA, wo 90 Prozent aller Kinder gegen Masern geimpft sind, gab es im Jahr 2016 nur 86 Masernfälle – und das bei einer circa vier Mal so großen Bevölkerung! Was vielen nicht bewusst ist: Masern verlaufen in ein bis zwei pro 1000 Fällen tödlich und sind im Alter von unter zwei Jahren besonders gefährlich. Es handelt sich also mitnichten um eine harmlose Kinderkrankheit.

Was ist nun also in den USA anders als in Deutschland?

In Deutschland gibt die STIKO, die Ständige Impfkommission des Robert Koch Instituts, die Impfempfehlungen ausspricht. In Deutschland besteht keine Impfpflicht. Es ist den Eltern überlassen, ob oder gegen welche Krankheiten sie ihre Kinder impfen lassen und wann sie das tun möchten. Die Schulen verlangen keinen Impfnachweis bei der Einschulung.

Anders ist dies in den USA: Hier erstellen das „Center of Disease Control“ (CDC) und die „American Academy of Pediatrics“ (AAP) die Impfpläne. In den USA müssen diese Impfungen bei Schuleintritt nachgewiesen werden. Ausgenommen von dieser Regelung sind lediglich Privatschulen, die ihre eigenen Regeln bezüglich Impfschutz aufstellen können. Weitere Ausnahmen werden auf der Landesebene gehandhabt. Generell gibt es außerdem die Möglichkeit, Impfungen aus religiösen oder philosophischen Gründen komplett abzulehnen. Eine solche „religious or philosophical exemption“ kann die Kinderarztpraxis ausstellen. Wichtig zu wissen: Einzelne Impfungen kann man dabei nicht ablehnen, nur alle oder keine.

Die einzelnen Impfungen im Überblick:

In Deutschland werden Säuglinge generell mit zwei, drei und vier Monaten gegen Hepatitis B, Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Haemophilus Influenzae B, Kinderlähmung, Pneumokokkenund Rotaviren geimpft.

In den USA wird die erste Hepatitis-B-Impfung bereits direkt nach der Geburt empfohlen und schon im Geburtskrankenhaus vor der Entlassung nach Hause verabreicht. Alle anderen genannten Impfungen werden mit zwei, vier und sechs Monaten durchgeführt.

Um den ersten Geburtstag wird in Deutschland gegen Masern, Mumps, Rötelnund Windpocken geimpft. In den USA sollte diese Impfung erst nach dem ersten Geburtstag durchgeführt werden, andernfalls wird sie von den Schulen nicht anerkannt. Daher müssen Kinder, die diese Impfung im elften Lebensmonat in Deutschland erhalten haben, in den USA nochmal nach dem ersten Geburtstag nachgeimpft werden. Das ist nicht wirklich ein Problem, aber es ist ein Piekser, der sich vermeiden lässt.

Die Auffrischimpfung für Masern, Mumps, Röteln und Windpocken wird in Deutschland für Kinder im Alter von 15 bis 18 Monaten empfohlen, während sie in den USA erst mit drei bis fünf Jahren verabreicht wird.

Einen weiteren Unterschied stellt die Meningokokken-Impfung dar: In Deutschland wird sie mit einem Jahr empfohlen, während sie in den USA mit elf Jahren standardmäßig durchgeführt wird. Die Empfehlungen sind so stark voneinander abweichend, da Infekte mit Menigokokken A, C, W und Y in den USA und in Deutschland in anderen Altersgruppen am häufigsten auftreten.

Auch die Impfung gegen Hepatitis A wird in der Regel zu unterschiedlichen Zeiten durchgeführt. In den USA wird sie den Eltern nach dem ersten Lebensjahr angeboten. Sie ist eine Standardimpfung, wird aber nicht von den Schulen verlangt. Hepatitis A wird fäkal-oral übertragen und kontaminiertes Essen oder enger Kontakt mit infektiösen Personen stellen ein Risiko dar. In Deutschland wird die Impfung als „Reiseimpfung“ angesehen, da Hepatitis A wesentlich häufiger in weniger entwickelten Ländern vorkommt.

Weiterhin sei auf zwei relativ neue Impfungen hingewiesen: die HPV-Impfung und die Meningokokken-B-Impfung.

Seit 2007 besteht in Deutschland die Empfehlung, alle Mädchen zwischen neun und 14 Jahren gegen HPV (die „Humanen Papilloma Viren“) zu impfen. Diese Impfung wurde gezielt entwickelt, um Gebärmutterhalskrebs zu vermeiden. In den USA ist diese Impfempfehlung auch auf Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren ausgeweitet, denn abgesehen von einer Übertragung durch infizierte junge Männer können die durch das HP-Virus verursachten genitalen Warzen auch zu Peniskrebs und bösartigen Tumoren des Mundes und Rachenraums bei Männern führen.

Zudem ist seit einigen Jahren eine Impfung gegen Meningokokken B auf dem Markt. Weder in den USA noch in Deutschland besteht eine generelle Impfempfehlung; lediglich Personen mit erhöhtem Risiko wird die Impfung empfohlen.

Eine jährliche Impfung, die in beiden Ländern für Babys ab sechs Monaten empfohlen ist, ist die Grippeschutzimpfung.

Quellen / Ressourcen:


Über die Autorin:
Dr. Dominika Wittek arbeitet seit einigen Jahren bei Tribeca Pediatrics in Harlem, New York. Sie hat Ihre deutsche Facharztausbildung parallel zu ihrer amerikanische absolviert und freut sich immer sehr über deutsche Patienten. Sie ist aus Abenteuerlust im Jahr 2000 für ihre Facharztausbildung nach New York gekommen und hat nach und nach festgestellt, dass die Stadt ihr neues Zuhause ist. Inzwischen hat sie zwei Töchter im Teenager-Alter, die glücklich multikulturell aufwachsen. Die Praxis findest du unter: www.tribecapediatrics.com

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