Familie & Partnerschaft

Spracherwerb & Multilingualismus

February 26, 2018
Dr. Simone Bruemmer

Der lebenslange Nutzen einer bilingualen Schulbildung

Der lebenslange Nutzen einer bilingualen Schulbildung


Die richtige Schule für dein Kind auszuwählen, kann schon zuhause in Europa eine Herausforderung darstellen. Bei einem Umzug in die USA mit Kindern im (Vor)Schulalter stellen sich noch einige weitere Fragen, die bedacht werden müssen: Ist eine bilinguale Schulbildung für das Kind sinnvoll oder sollte es doch lieber auf eine lokale, englischsprachige Schule gehen? Wird das Kind in der Schule mit seinen einsprachigen Altersgenossen mithalten können? Und wenn ich mich für eine bilinguale Schulbildung entscheide – wie wähle ich das richtige Programm aus?

Die aktuelle Forschung hat unser Denken zu Bilingualismus revolutioniert. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass das Gehirn bei Kindern von der Geburt bis etwa zum Alter von zwölf Jahren geradezu darauf programmiert ist, sich Sprache(n) anzueignen. Zweisprachigkeit steigert dabei erwiesenermaßen die kognitiven Fähigkeiten eines Kindes, und das nicht nur im sprachlichen Bereich! Der Erwerb einer zweiten Sprache verbessert außerdem die Fähigkeiten beim Querdenken, beim Finden von Problemlösungsstrategien und Erbringen geistig anspruchsvoller Leistungen (etwa über längere Zeit konzentriert zu bleiben oder komplexe Informationen zu behalten).

Eine Studie der Northwestern University von 2013 ergab, dass zweisprachige Kinder weniger ängstlich sind, sich nicht so einsam fühlen und seltener ein geringes Selbstvertrauen haben. Eine bilinguale Erziehung ermöglicht Schülern also nicht nur, eine zweite Sprache fließend zu erlernen. Sie schafft außerdem ein bi- oder multikulturelles Umfeld, in dem die Schüler verschiedene Traditionen, Werte und Ansichten kennen- und verstehen lernen. Weitere positive Effekte von Zweisprachigkeit zeigten sich bis ins hohe Alter: Ältere bilinguale Personen zeigten ein geringeres Risiko, an Alzheimer und anderen Formen von Demenz zu erkranken.

Schüler, die frühzeitig mit ihrer zweisprachigen Ausbildung beginnen und diese bis zum Schulabschluss fortsetzen, profitieren von den größten und langanhaltendsten Vorteilen. Ein Viertklässler, der einen wöchentlichen Sprachkurs besucht, kann die Sprache sicherlich auf einem passablen Niveau erlernen, wird aber nicht vollständig bilingual oder biliteral sein. Ein Zwölftklässler, der seit der frühesten Kindheit eine zweisprachige Ausbildung genossen hat, wird hingegen nicht nur bilingual und biliteral, sondern auch bikulturell sein und beide Sprachen auf einem hohen Niveau nutzen können.

Die Vorteile der Zweisprachigkeit reichen weit über den akademischen Bereich hinaus: Angestellte, die eine zweite Sprache fließend sprechen, verdienen im Laufe ihrer Lebensarbeitszeit mehr als diejenigen, die nur eine Sprache beherrschen. Das ermittelte der MIT Ökonom Albert Saiz in einer im Review of Economics and Statistics veröffentlichten Studie. Allerdings werden nicht alle Sprachen gleichermaßen „vergütet“. So stellt Saiz fest, dass Angestellte mit der Zweitsprache Deutsch (neben Englisch) in ihrer Karriere durchschnittlich 128.000 USD mehr verdienen als Personen, deren Zweitsprache Spanisch oder Französisch ist. Saiz ist der Auffassung, die Stärke der deutschen Technologie-orientierte und Handels-getriebene Wirtschaft sei ein wichtiger Faktor, der die weltweite Nachfrage nach deutschsprachigen Arbeitskräften nach oben treibt. Zusammen mit der relativ geringen Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Arbeitskräften, die Deutsch in Wort und Schrift fließend beherrschen, treibt dies die Gehälter in die Höhe.

So funktioniert die bilinguale Schulbildung in den USA

Es existieren vorrangig zwei verschiedene Konzepte:

1.) In „Dual-language Programs“ erfolgt der Unterricht in beiden Sprachen separat, in der Regel zu festgelegten Zeiten oder Themen. Das Verhältnis beider Sprachen variiert je nach Unterrichtsmodell. Die vier typischen Ausprägungen sind hierbei 90/10, 80/20, 50/50 und 70/30.

2.) „Two-way bilingual Programs“ werden typischerweise in der Grundschule (der „Elementary School“) angewandt, aber es gibt auch Programme, die diesen Ansatz vom „Pre-K“-Jahr bis zur zwölften Klasse verfolgen. Schulen mit diesem Konzept bieten den Schülern mehr Zeit, um ihre Sprachkenntnisse in beiden Sprachen zu vertiefen.

Es mag für zweisprachige Schüler etwas länger dauern, bis sie dasselbe akademische Niveau erreichen, wie einsprachige Gleichaltrige. Aber im Allgemeinen übertreffen sie mit Erreichen der sechsten Klasse einsprachige Schüler und zeigen bis hin zum Studium hervorragende akademische Leistungen.

Zusätzlich zu den sprachlichen Vorteilen gibt es natürlich auch noch den des Abschlusses: An vielen deutsch-englischen Schulen werden neben dem High School Diploma das Deutsche Internationale Abitur oder das International Baccalaureate verliehen, mit denen ein Studium in Deutschland oder anderen europäischen Ländern wesentlich leichter aufgenommen werden kann als mit einem US-amerikanischen Abschluss.

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